Als Schulbegleiter spielt er eine zentrale Rolle für Kinder an der Montessori-Schule. Tom Burgis erzählt im Interview, wie bereichernd die Arbeit der Inklusion ist und gewährt Einblicke, wie er mit seinem Skizzenbuch eine besondere Verbindung zu den Kindern aufbaut.
Es ist Freitagmorgen in der Montessori-Schule in Bamberg. Tom Burgis nimmt neben Nico Platz, einem Schüler, den er durch den Alltag begleitet. Er hilft ihm beim Auswählen der Hefte und Bücher, sorgt für Ordnung im Schulranzen und ermutigt ihn, wenn er Schwierigkeiten hat, sich auf die Aufgaben zu konzentrieren.
Wie diese Stütze aussehen kann, unterscheidet sich von Kind zu Kind. In der Montessori-Schule werden aktuell sechs Kinder und Jugendliche mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung beschult, sie alle benötigen Begleitung und Unterstützung. Für die einen ist das vor allem eine feste Struktur von außen, um sich auf den Unterricht konzentrieren zu können. Anderen reicht schon das Gefühl aus, dass da jemand ist, an den sie sich im Zweifelsfall wenden können.
„Manchmal ist alles so laut und überreizend, da nehme ich Nico auch mal aus dem Unterricht, als Schutzzone sozusagen.“ Auch während der Pause ist Tom Burgis eine Unterstützung. „Ich bin immer in der Nähe.“
Ziel der Schulbegleitung ist es aber nicht, dem Schüler alles abzunehmen
„Nein, ich fördere viel Selbstständigkeit. Das Ziel als Schulbegleiter ist es, dass man am Ende so wenig gebraucht wird wie möglich. Das Gefühl von Selbstwirksamkeit ist wichtig für die Kinder.“
Eine enge Verbindung zum Kind ist dabei fundamental. Allerdings ist dabei auch viel Feingefühl nötig, wie Ulrike Prell, die Koordinatorin für Inklusion und Schulbegleitung an der Montessori-Schule Bamberg, erläutert: „Man braucht Schulbegleiter, die zum Kind passen. Wichtig ist vor allem Offenheit, Interesse und auch Faszination für das individuelle Kind. Die Kinder haben ein feines Gespür und merken es sofort, ob jemand ihnen gegenüber voreingenommen ist.“
Tom Burgis hat seine eigene Methode gefunden, sich vorzustellen
„In der Montessori-Schule ist es nicht ganz einfach, Kontakt zu den Kindern aufzubauen. Man sitzt nicht immer direkt neben ihnen am Tisch – die Kinder bewegen sich frei im Raum, lernen im Stehen, Sitzen oder auch in Gruppen auf dem Boden. Also habe ich mich zunächst mit meinem Skizzenbuch nach hinten gesetzt und angefangen zu zeichnen, was ich im Raum sah – zum Beispiel Schulranzen und Jacken.“
Wenn sie ihre Schultaschen in den Zeichnungen erkennen, werden sie neugierig und das Skizzenbuch wird zur Brücke zwischen Schulbegleiter und Schülern.
„Einige begannen dann selbst so ein Buch und fingen das Zeichnen an“, erzählt er schmunzelnd.
Die Kreativität, die Tom Burgis nebenbei als freier Künstler in seinen Werken zeigt und bei Ausstellungen wie dem Kunstturm24 auf der Giechburg oder als Gastkünstler bei BBK Ausstellung ARTUR27 in Bad Rodach dieses Jahr präsentierte, hilft ihm auch im Schulalltag.
„Das liegt daran, dass die Konzepte Montessori und Inklusion sich so gut ergänzen“, erklärt Ulrike Prell. Die Klassen in einer Montessori-Schule sind gemischt, das heißt, in jeder Klasse finden Kinder zusammen, die in der Regelgrundschule normalerweise in einzelne Klassen aufgeteilt werden. Die Schüler erarbeiten die Inhalte, die ihrem individuellen Entwicklungsstand entsprechen, in der Freiarbeit weitgehend selbstständig.
„Das bedeutet dann bei Inklusionskindern natürlich, dass sie in den Jahrgangsmischungen mit ihrem eigenen Wissens- und Lernlevel nicht auffallen und ihre individuellen Aufgabenstellungen bewältigen können.“
Was besonders schön für die Schülerinnen und Schüler ist: Die Montessori-Schule ermöglicht Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigung auch, eine komplette Schullaufbahn abzuschließen und am Ende durch die Große Arbeit den Montessori-Schulabschluss zu bekommen. „Und die machen das echt gut“, unterstreicht Ulrike Prell. So bestätigt sich auch in der Arbeit mit Kindern der Inklusion, was Maria Montessori als Leitsatz für die Schule entwickelte: „Hilf mir, selbst zu denken.“ Selbstwirksamkeit als wichtiger Grundstein, um Vertrauen in sich selbst zu finden.
Zur Schulbegleitung hat Tom Burgis erst spät gefunden, beruflich ist er davor andere Wege gegangen. „Die letzten Jahre waren arbeitstechnisch die Schönsten.“ Das liegt vor allem auch daran, dass man als Schnittstelle zwischen Schüler, Eltern, Lehrkräften, Schulleitung und auch anderen Mitschülern fungiert und man viel Feingefühl braucht, um alle ins Boot zu holen. „Und wenn das klappt, lohnt es sich sehr und fühlt sich gut an,“ so Tom Burgis.