Es kann so schnell gehen: Das Kind flitzt mit dem Laufrad über den Parkplatz, kurvt mit viel Schwung zwischen zwei Autos – und schon kratzt der Lenker an die Wagentüren. Wenn Kinder die Welt erkunden, kann schon mal etwas zu Bruch gehen oder beschädigt werden, schon deshalb, weil Kinder ein viel kleineres Sichtfeld haben und generell auch die Konsequenzen ihres Handelns nicht überblicken. Schon eine kleine Beschädigung kann da schnell einen großen finanziellen Schaden verursachen.
Um in solchen Fällen abgesichert zu sein, empfehlen sich Haftpflichtversicherungen. Aber was genau ist in einer solchen Absicherung eingeschlossen, was muss ich beachten – gerade als Familie mit kleinen Kindern?
Haftpflichtschutz für die ganze Familie
Die vielleicht wichtigste Versicherung überhaupt ist die Haftpflichtversicherung – sie greift, wenn Versicherte andere Personen oder deren Besitz Schaden zufügen. Für Familien empfehlen sich dabei Familienhaftpflichten – wobei diese auch für unverheiratete Paare und nicht leibliche Kinder, also Stief-, Adoptiv- und Pflegekinder, gelten und sogar dann einspringen, wenn Ehepartner nicht dauerhaft in einem gemeinsamen Haushalt leben. Minderjährige und auch erwachsene Kinder sind während der Schulzeit eingeschlossen und auch in der Zeit der ersten beruflichen Ausbildung, sogar, wenn sie dann nicht mehr zu Hause wohnen.
Erste berufliche Ausbildung bedeutet dabei Lehre und Studium, die ohne Unterbrechung aufeinander folgen – versichert ist also etwa auch ein Student, der erst sein Bachelorstudium und direkt anschließend den Master macht. Ab dem ersten eigenen Gehalt fallen sie jedoch aus der Familienversicherung raus. Für eine Übergangszeit, dem »Gap Year«, nach der Schule schützt die Versicherung bis zu zwölf Monate. Bei einer beruflichen Tätigkeit vor einem Studium entfällt sie allerdings – genauso wie eine Heirat des Kindes bedeutet, dass sich der Nachwuchs dann selbst um eine Haftpflichtversicherung kümmern muss.
Ebenso umfasst der Versicherungsschutz nur Schäden außerhalb der »Versichertengemeinschaft« –
wenn das Kind etwa ein Handy der Eltern beschädigt, ist die Versicherung nicht zuständig.
Ab wann ist ein Kind haftbar?
Erst mit sieben Jahren kann ein Kind haftbar gemacht werden für seine Taten, im Straßenverkehr sogar erst ab zehn Jahren. Der Sechsjährige, der die Wagentüre zerkratzt, ist also gar nicht schuldfähig – und wenn die Eltern ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt haben, müssen auch sie bzw. ihre Haftpflichtversicherung gar nicht für Schäden aufkommen.
Aber: Je jünger ein Kind ist, desto stärker sind die Eltern gefordert. Wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzten, greift die Haftpflichtversicherung und muss die Schäden des Kindes übernehmen. Bei der Frage, ab wann eine Aufsichtspflichtverletzung vorliegt, kommt es auf den berühmten Einzelfall an – genauer auf das Alter und die Reife des Kindes.Laut dem Bundesgerichtshof müssen Eltern ihre Kinder, die jünger sind als vier Jahre, so beaufsichtigen, dass sie jederzeit eingreifen können. Bis sieben Jahre können Kinder bis zu einer halben Stunde unbeaufsichtigt bleiben und ältere Kinder auch einen längeren Zeitraum – dabei sollten die Eltern aber wissen, wo ihre Kinder sich aufhalten.
Schäden von schuldunfähigen Kindern
Damit eine Versicherung auch sicher die Schäden übernimmt, die ein »nicht schuldfähiges Kind«, also Kleinkinder unter sieben Jahren, verursacht, muss die Familienhaftpflicht eine entsprechende Klausel enthalten, mit der genau das eingeschlossen ist. Damit können Eltern langwierige Auseinandersetzung mit der Versicherung vermeiden.
Diese Erweiterung sollte auch für teure Schäden gelten – wie generell eine hohe sogenannte Deckungssumme empfehlenswert ist. Für eine Familienhaftpflichtversicherung sollte diese Deckungssumme bei mindestens 50 Millionen liegen bzw. bei zehn Millionen Euro pro geschädigter Person. Das klingt nach einer utopischen Summe – aber das Beispiel eines kleinen Brandes, der auf einige Häuser übergreift, verdeutlicht, wie schnell aus einer kleinen Ursache eine große (und teure) Katastrophe werden kann.
Auch weitere Personen, die deliktunfähig oder nicht schuldfähig sind – etwa demenzkranke Angehörige – können evtl. mit in einen Familientarif aufgenommen werden.
Arnd Rüttger