Als junges Mädchen bastelte Barbara Wunner in der Werkstatt ihres Vaters. Heute abeitet sie als selbstständige Schreinerin in der eigenen Werkstatt und möchte bei Kindern die Liebe zum Arbeiten mit Holz wecken. Die Geschichte eines Lebens, die auch erzählt, wie uns Mut und Tatendrang die richtigen Wege weisen können. Ein Portrait.
In dem freundlichen kleinen „Werkraum“ mitten in der Bamberger Altstadt scheint alles möglich: Freundlich blinzelnde Kühe befreunden sich mit wolligen kleinen Schafen, über ihnen pendeln fröhlich Möwen und Propeller, während im Schaufenster lustige Marionettenpuppen, handliche Tresore oder kleine Häuser zum Spielen einladen. Alles hier ist aus Holz und fast alles – auch die Tische, Hocker und Bänke wurden selbst gebaut, oft sogar von Kinderhänden. „‘Das ist mein Raum‘ – diesen Gedanken hatte ich beim ersten Schritt durch die Tür“, erinnert sich Barbara Wunner lächelnd. Das war 2011, und an den massiven Werkbänken auf dem hellen Holzfußboden haben seither schon viele Jungen und Mädchen in Kursen oder bei Kindergeburtstagen ihre Phantasie in originelle kleine Holzarbeiten umgesetzt. Bei ihrer Arbeit mit den kleinen Nachwuchsschreinern ist Barbara Wunner ihre ursprüngliche Ausbildung eine gute Ergänzung. „Ich habe nach dem Abitur katholische Religionspädagogik studiert und auch abgeschlossen, habe mich aber im Studium zur Atheistin entwickelt und deshalb dann neu orientiert.“ Bei der Arbeit mit den Kindergruppen im Werkraum sei ihr das pädagogisches Wissen oft hilfreich, gibt sie zu. „Damit kann ich die Energie der Kinder in die richtigen Bahnen lenken und ihnen auch die nötigen Regeln für den Umgang mit dem Werkzeug nahe bringen. Gerade in der Dynamik einer Gruppe ist da oft viel Fingerspitzengefühl nötig.“ Eigentlich habe sie schon immer lieber praktisch arbeiten wollen, weiß sie im Nachhinein. Schon als Kind habe sie mit dem Vater in seiner Keller-Werkstatt gewerkelt und sich dabei so viele Fertigkeiten angeeignet, dass sie als Teenager die Möbel für ihr Zimmer selbst bauen konnte. „Meinen ersten selbst gebauten Schreibtisch habe ich aus einem alten Holz-Bett gefertigt. Er war sehr niedrig, so dass ich keinen Stuhl brauchte, sondern auf dem Boden sitzen konnte, weil ich dort am liebsten saß.“
Nach dem Studienabschluss absolvierte Barbara Wunner in Bamberg eine Schreinerausbildung und richtete sich im Haus auf dem Land, das sie mit ihrem Mann und der gemeinsamen Tochter bewohnte, eine eigene kleine Werkstatt ein. „Von meinem Vater habe ich gelernt, dass man vieles selbst herstellen oder reparieren kann und nicht alles kaufen muss.“ Dort in Abtsdorf probiert sie auch die ersten Kindergeburtstage mit Werkelarbeiten aus und stößt auf sehr positive Resonanz. „Parallel bot ich an Sonntagen im „Stilbruch“ Werkeln für Kinder an und hatte Kurse in der VHS und in der Hainschule.“ Doch ihr Weg zum liebevoll eingerichteten „Werkraum“ in der Bamberger Sandstraße hielt noch ein paar ordentliche Kurven bereit, bevor sie ihr Ziel erreichen konnte. Nach der Trennung von ihrem Mann zieht sie nach Bamberg, wo sie sich in der Fischstraße eine kleine Werkstatt einrichtet. „Nur für mich selbst zum Arbeiten.“ Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, übernahm sie in der Gaststätte ihres Bruders viele Jahre lang sämtliche Hausmeister-Tätigkeiten. „Da hab ich alles gemacht – vom Schreinern der Thekenschränke bis zu allen möglichen Reparaturen. Mein letztes Werk war der Einbau der Bühne im „Stilbruch““, erzählt sie schmunzelnd und fügt an: „Ich bin jemand, der sehr klar entscheiden kann, bis für mich wirklich alles passt. Damit ich genau das für mich Richtige finde, suche ich auch gerne etwas länger danach.“
2009 verpflichtete sie die Montessori-Schule zunächst als freie Dozentin für die Freizeitangebote innerhalb der Nachmittagsbetreuung. Seit drei Jahren hat sie an der Schule eine Teilzeit-Stelle und bietet als Lehrkraft das Holzwerken auch in der 5. und 6. Klasse an. „Durch die gute Kooperation mit der Schule haben sich mir ganz neue Möglichkeiten eröffnet, und durch die Erfahrungen, wie gut meine Arbeit bei den Kindern ankommt, festigte sich mein Wunsch, wieder eine eigene Werkstatt zu haben.“ Und damit auch der Schritt in die Selbständigkeit, der sie schließlich in den heutigen „Werkraum“ führte. Ist sie hier jetzt angekommen? Die muntere Schreinerin lacht: „Ja – hier ist die Suche beendet. Jetzt geht es nur noch um das Weiterentdecken, was möglich ist.“
Im „Werkraum“ können Kinder ab dem Grundschulalter mit Freunden ihren Geburtstag feiern, Ferienkurse besuchen oder regelmäßig einmal pro Woche für anderthalb Stunden zum Werken kommen. „Dazu bringe ich Vorschläge mit, die sie nachbauen oder verändern können oder sie stellen etwas ganz anderes nach eigener Idee her. Da kommt dann z.B. ein Millennium Falke à la Star Wars heraus, ein hölzerner Bus mit Haltestelle oder ein Holzstall mit Freigehege für Bauernhoftiere.“ Inzwischen arbeiten hier vier Gruppen im Alter von 6 bis 13 Jahren an vier Nachmittagen, denn auch ältere Kinder setzen gerne kreative Ideen in Holz um, berichtet die die 49-Jährige: „Ein Sechstklässler hat eine Ladestation für sein Tablet gebaut und ein Zehnjähriger einen Klavierhocker, der aussah wie gekauft.“ Weil auch von den Eltern immer wieder Anfragen zu Werkel-Angeboten kamen, will sie ihr Kursangebot jetzt weiter ausbauen – mit Kursen für Erwachsene abends und am Samstagvormittag zu Themen wie „Kasten und Kästchen bauen“ oder „Geschliffen und geschmirgelt“. „Ich möchte mich vortasten und schauen, was die Leute wollen“, überlegt sie vorsichtig. „Meine Themen sollen nur Grundideen sein, die jeder für sich abwandeln kann.“ Gespannt ist sie, inwieweit sich das Arbeiten mit Erwachsenen von ihren Erfahrungen mit den Kindern unterscheidet. „Kinder können beim Arbeiten mit Holz viel lernen – auch das Umgehen mit Frust z.B., denn beim praktischen Arbeiten funktionieren Sachen eben nicht immer beim ersten Mal. Am Handy gibt es viel schnellere Erfolgserlebnisse.“ Insofern enthalte ihre Arbeit indirekt immer auch viel Pädagogik und wertvolle Erfahrungen für die kleinen Nachwuchswerker: „Man muss hier lernen, dass etwas manchmal einfach zwei Millimeter zu klein ist, um richtig zu passen, und man es aber nicht besser hinkriegt und damit leben muss. Das ist eine wichtige Erfahrung, die eigenen Grenzen zu erkennen und auch, dass Fehler nicht schlimm sind, sondern dass man daraus lernt, es anders und besser zu machen.“