Überall soll Musik drin sein…
Ein Gespräch mit Unternehmer Hans Thomann, der mit seiner Stiftung Kinder für Musik begeistern möchte
Wäre Hans Thomann ein Musikstück, dann eines der leisen Töne. Eines, bei dem man gut hinhören sollte, um alle Nuancen aufzunehmen. Eines, dessen Melodie noch lange nachschwingt, wenn die Musik schon längst verklungen ist. Orchestrales Drumherum und Paukenschläge sind nicht die Sache des fränkischen Unternehmers mit der leisen Stimme.
Dabei hätte der zurückhaltende Mann, der in Treppendorf bei Burgebrach den weltweit größten Musikalienhandel führt, allen Grund sich öfter mal vernehmlich auf die Schulter zu klopfen. Macht er aber nicht. In den Medien erscheint Hans Thomann nur, wenn es unvermeidlich ist, sprich: er eine weitere seiner zahlreichen Auszeichnungen erhält, so wie vor kurzem die Ehrenmedaille des Bezirks Oberfranken. Oder wenn er das Musikhaus Thomann, das sein Vater 1954 gründete und 1990 an ihn übergab, noch eine Erfolgsstufe weiter nach oben bringt. Thomann ist heute mit neun Millionen Kunden der weltweit größte Online-Händler für Instrumente und gehört laut der Studie „E-Commerce-Markenchampions 2016/2017“ neben Paypal und amazon zu den drei beliebtesten Marken im Internethandel – vor google und Zalando.
Doch über die Thomann-Erfolge soll unser Gespräch gar nicht gehen, sondern um die Hans-Thomann-Stiftung, die der Firmenchef 2012 begründet hat. „Jeder Mensch muss mit Musik in Berührung kommen können“, ist ihr Leitgedanke und fördert zahlreiche Projekte mit Geld- und Sachspenden – deutschlandweit, aber auch welche in Ghana, Peru und Tansania. In Bamberg gehören u.a. ein Musikprojekt an der Gangolfschule und die Ausrichtung der Heidelsteigschule als KulturSchule zu den Begünstigten. „Wir unterstützen alles, was sinnvoll ist und schauen sehr genau hin, wofür die Gelder verwendet werden“, erklärt Hans Thomann. Begeistert erzählt er von einem Besuch in Berlin, wo seine Stiftung Kinder in einem großen Konzertsaal Musikstücke spielen ließ – gemeinsam mit den Berliner Philharmonikern. Auch in Bamberg lässt er die Kinder der Heidelsteigschule zusammen mit den Bamberger Symphonikern musizieren. Was ihn bei dem Berlin-Besuch erboste: Dass gleichzeitig eine Grundschule wegen defekter Toiletten komplett geschlossen und die musikalische Früherziehung im Kindergarten gekürzt wurden, während eine nahe Elite-Akademie Millionen an Fördergeldern erhielt. „So etwas finde ich zum Kotzen“, echauffiert sich der sonst so zurückhaltend auftretende Unternehmer – und versucht hier mit Hilfe seiner Stiftung gegenzusteuern. „Wichtig ist uns vor allem, dass bei den Bewerbern eine Leidenschaft für Musik spürbar sei, denn die braucht man, um Kinder für die Musik zu begeistern, betont er.
Auch Eltern seien hier ein wichtiges Vorbild. „Kinder beschäftigen sich heute mehr mit dem Thema Musik, aber sie brauchen Menschen, die sie dabei unterstützen.“ Gerade beim jahrelangen Musikunterricht erlebe jeder einmal „das Tal des Todes“, wie es Hans Thomann schmunzelnd nennt. „Dann geht es darum durchzuhalten, auch wenn von Begeisterung gerade mal nichts mehr zu spüren ist.“ Früher sei die Ernsthaftigkeit beim Musizieren eine andere gewesen, erzählt er und erinnert sich an so manche Großfamilie, die komplett ins Musikhaus kam, um ein Klavier zu kaufen. „Heute ist die Vielfalt der Lernangebote unglaublich groß und Instrumente sind so gut und preiswert zu haben wie nie.“ Für Hans Thomann steht überall die Musik an erster Stelle – auch im stetig wachsenden Treppendorf-Imperium. So sei der enge Bezug seines Mitarbeiterteams zur Musik eine wesentliche Voraussetzung für die Einstellung – egal, um welche Tätigkeit sich jemand bewerbe. „90% unserer 1.320 Mitarbeiter spielen aktiv Musik, und das macht für mich hier die gute Stimmung und den Zusammenhalt aus.“ Dass Musik und vor allem das gemeinsame Musizieren entscheidend den Charakter prägen und eine Verbindung zwischen Menschen schaffen, ist offensichtlich Thomanns Handlungsprämisse. 17 Sprachen und alle Nationalitäten seien in Treppendorf vertreten, lächelt der Firmenchef, dessen Stiftung folgerichtig viele Projekte unterstützt, die sich für Integration oder Inklusion engagieren. Auch zwischen ihm und seinen vier Geschwistern, die ebenfalls bei Thomann arbeiten, war die Musik immer eine Verbindung, erzählt er. Nach dem Vorbild des musikbegeisterten Vaters und dessen Trompete erlernte Hans Thomann schon mit fünf Jahren verschiedene Holz- und Blasinstrumente, bevor er auf das Klavier umstieg. „Das regelmäßige gemeinsame Musizieren in der Familie hat uns und unser Miteinander geprägt“, beschreibt er die Kindheit und Jugend mit seinem jüngsten Bruder und den drei Schwestern. Ein Lieblingsinstrument in seinem riesigen Musikhaus hat der 55-Jährige, der sich mit Ende 30 zum ersten Mal an die Drums setzte und mit 50 Jahren endlich das Gitarre spielen erlernen wollte, nicht. „Ich liebe alle meine Instrumente“, lächelt er diplomatisch und verrät, dass das Gitarre spielen nach wie vor auf seiner privaten To-do-Liste stehe. „Wer Musik macht, muss dabei ein Stück weit in sich gehen und natürlich auch zuhören können“, ist seine Erklärung für die positiven Auswirkungen des Musizierens. „Ich kenne viele Menschen, vor allem jene, die beruflich stark eingebunden sind, die sagen: „Meine Gitarre, Geige, Klarinette oder was immer zu spielen ist eines der wenigen Dinge, bei denen ich mich entspannen kann und meine Seele spüre.“
Kerstin Bönisch